Doch nicht nur in Sachen Reinheit, auch beim
Zapfen gilt der deutsche Sonderweg. Nirgendwo auf der Welt wird so lange
an einem Glas Bier herumgezapft wie hierzulande. Gut, der Brite hätte gar
nicht die Zeit dafür, weil er noch vor Mitternacht aus dem Pub raus muss.
Vielleicht weiß er aber auch, dass sich ein
sieben Minuten lang geschichtetes Bier selbst ad absurdum führt. Das
schnelle Helle ist dann vielleicht schaumig schön, aber buchstäblich zu
Tode gezapft: Da prickelt und perlt nichts mehr im Glas.
Wer auf solch schaumgestorbenes Bier schwört, ist
vielleicht nicht gerade nekrophil, aber wahrscheinlich einer dieser
Gourmets, die sich nur mit schlechtem Gewissen und viel Gedöhns dem
vermeintlich prolligen Bier zuwenden. Und anschließend von „einem
unendlich zarten, zitternden Nachhall im Gaumen“ fabulieren. Sie sollten
besser beim Wein bleiben. Da können sie getrost weiterreden, wenn es
längst nichts mehr zu sagen gibt.
Bier dagegen muss schnell sein. Meint selbst der
Bayerische Brauerbund und empfiehlt für ein Glas Pils zügiges
Zapfen in zwei bis drei Minuten. Damit ist Bier das ideale Getränk für
schluckende Schweiger und Sprücheklopfer: „Das bisschen, was wir essen,
können wir auch trinken.“ Klingt beruhigend in Zeiten von BSE und MKS.
Und erinnert zudem an längst vergangene Zeiten,
als Bier noch ein Grundnahrungsmittel war. Denn bis zur Einführung der
Kartoffel nährten vor allem Bier und Brot die breite Bevölkerung Mittel-
und Nordeuropas. Drei Liter pro Kopf verbrauchte zum Beispiel täglich eine
englische Durchschnittsfamilie im 17. Jahrhundert, Kinder eingeschlossen.
Da gab´s zum Frühstück in der Regel Biersuppe – für alle!
Wem dazu nun der sprichwörtliche Bierbauch
einfällt, sitzt hingegen einer Legende auf. Erzählt jedenfalls der
Deutsche Brauerbund auf seiner Website: Bier enthalte nicht mehr
Kalorien als Wein oder Sekt, und außerdem habe eine Studie nachgewiesen,
dass man durch mäßigen Bierkonsum gar sein Körpergewicht reduzieren könne.
Nun ja, es gibt für alles und jedes inzwischen eine Studie.