Irgendetwas
ist falsch gelaufen: Der zuvor so freundliche Kellner würdigt
Sie beim Abschied keines Blickes, der Kofferträger schlägt
Wurzeln in Ihrem Zimmer, der Taxifahrer schaut missmutig. Der
Grund: Das Trinkgeld war vermutlich etwas knapp bemessen. Doch
wer hat schon sämtliche Trinkgeld-Regeln im Kopf und weiß auf
Anhieb, wann wo und wie viele Euro, Escudos oder Dollar fällig
sind?
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Trinkgeld
gehört in vielen Ländern zum guten Ton. Mit angemessenem „Tip"
lässt sich die Höflichkeit und Dienstbereitschaft des Personals
erheblich steigern. Nicht nur das Wieviel, auch das Wie spielt
eine Rolle. Wenn der Restaurantgast sehr zufrieden ist, dann
darf er das beim Überreichen des Trinkgeldes ruhig speziell
erwähnen. Es ist überdies stilvoller, Trinkgelder als Barbetrag
liegen zu lassen als sie über die Kreditkarte abzurechnen. Und
natürlich sollte man die alte Regel beachten, dass die Chefin
oder der Chef kein Trinkgeld bekommt. Die Höhe ist allerdings
von Land zu Land verschieden und oft Ermessenssache.
Trinkgeld-Geben ist häufig eine schwierige Gratwanderung
zwischen Lob und Beleidigung.
Einige Faustregeln zum Trinkgeld
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Wählen Sie in Zweifelsfällen - zum Beispiel, wenn sich jemand
durch ein Trinkgeld beleidigt fühlen könnte - statt Geld eine
kleine Aufmerksamkeit als Dank.
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Geben Sie in den typischen Trinkgeld-Berufen (Gastronomie,
Hotel- und Reisebranche, Schönheitssalons wie Friseur/Kosmetik
und ähnliche) ein Trinkgeld, wenn Sie mit der Leistung
zufrieden waren
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Begleiten Sie Ihre pekuniäre Anerkennung mit einigen dankenden
und/oder lobenden Worten
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Verzichten Sie bei berechtigtem Grund zur Klage lieber ganz
darauf, Trinkgeld zu geben, statt in solchen Fällen die
Rechnungssumme nur um einige Cent aufzurunden
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Halten Sie sich im Restaurant an die Faustregel, bei guter
Leistung 5 bis 10 Prozent der Rechnungssumme als Trinkgeld
dazuzugeben
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Legen Sie Trinkgelder, wann immer es möglich ist, in bar zu
einer Rechnung. Verzichten Sie in der Gastronomie darauf, das
Trinkgeld quittieren zu lassen, falls Sie dies nicht für eine
Geschäftsabrechnung brauchen
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Beachten Sie die alte Regel, dass Chefinnen und Chefs kein
Trinkgeld bekommen. Drücken Sie Ihren Dank gegebenenfalls in
Form eines Geschenkes aus, zum Beispiel als Stammkundin bei
der Inhaberin eines Friseursalons
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Bedenken Sie Personen, die das ganze Jahr über Leistungen für
Sie erbracht haben, wie Brief- oder Frachtzusteller/-innen und
Zeitungszusteller/-innen, mit einem Weihnachtstrinkgeld
Gratwanderung
zwischen Lob und Beleidigung
Ein Trinkgeld
gilt heute im Dienstleistungsbereich als Lob beziehungsweise
Dank für eine gute Leistung. Der Begriff "Trinkgeld" stammt aus
sehr alten Zeiten. Damals trauten die "Herrschaften" dem
"niederen" Personal nichts Besseres zu, als sich für die
herablassend hingeworfenen Münzen zu betrinken. Ein Rest dieses
diskriminierenden Denkens haftet dem Wort "Trinkgeld" immer noch
an, obwohl sich die Bedeutung grundlegend geändert hat.
Deshalb ist es wichtig, sich über die stilvolle Übergabe eines
Trinkgeldes, die die Annehmenden nicht verletzt, Gedanken zu
machen. Wer zum Beispiel als Gast im Restaurant oder Hotel den
Eindruck verbreitet: "Für mein Geld kann ich euch ,Menschen
zweiter Klasse' springen lassen", wird sich auch mit reichlich
gegebenem Trinkgeld nicht beliebt machen.
Das gilt ebenso bei einem ausbleibenden oder im Vergleich zu den
üblichen Gepflogenheiten zu geringen Obolus. Beispiel: Eine
Restaurant-Rechnung wird von 99,50 Euro auf 100 Euro
aufgerundet. Diese "Geste" beleidigt eine Restaurantfachkraft
mehr, als dass sie erfreut.
Wie Sie im
Restaurant stilvoll Trinkgeld geben
Im Gegensatz zu
den USA, wo das Trinkgeld im Restaurant ein Muss ist, bleibt es
in Deutschland Ihre Entscheidung, ob Sie im Restaurant Trinkgeld
geben oder nicht. Es ist jedoch üblich und wird in der Regel
erwartet. Waren Sie mit dem Service zufrieden, sollten Sie Ihr
Trinkgeld an der "5 bis 10-Prozent-Faustregel" errechnen. Legen
Sie, je nach Zufriedenheitsgrad, zwischen 5 und 10 Prozent der
Rechnungssumme dazu.
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Wollen Sie bar zahlen, und haben Sie den Rechnungsbetrag plus
des von Ihnen spendierten Trinkgelds passend? Dann ist es kein
Fauxpas, die Summe mit einem "Vielen Dank, es stimmt so" oder
"Danke sehr, der Rest ist für Sie" zu übergeben.
Ebenso höflich ist es, wenn Sie die Endsumme nicht passend
haben, den Betrag zu nennen, den Sie zurückhaben möchten: "Bitte
geben Sie mir 10 Euro zurück", oder zu sagen: "Runden Sie bitte
auf 60 auf." Dabei sind grundsätzlich die Stellen nach dem
Hunderter (falls vorhanden) gemeint, also beispielsweise 160.
Diese Versionen sind somit auch praktikabel, wenn Sie Gäste
dabei haben, denen die konkrete Rechnungssumme nicht bekannt
werden soll. Die von Restaurantfachkräften ebenfalls als höflich
eingestufte Form, den Gesamtbetrag "260" zu nennen, eignet sich
in solchen Fällen weniger. Müssen Sie auch das Küchenteam
einbeziehen? Nein, auch dazu gibt es wie für das Trinkgeld
allgemein keine Verpflichtung.
Wen aber sollten Sie im Hotel sonst noch mit einem Trinkgeld
bedenken?
Nimmt Ihnen etwa
ein Wagenmeister bei der Ankunft die Arbeit des Autoparkens ab,
ist dafür ein Trinkgeld zwischen 1 und 3 Euro üblich. Gibt es
einen Pagen, der vor dem Hotel steht und Ihnen ein Taxi ruft
sowie beim Einsteigen hilft, ist ein Obolus von 1 Euro
angebracht. Zeigen Sie sich für das Koffertragen - meist auch
Aufgabe der Pagen - mit etwa 1 Euro pro schweres Gepäckstück
erkenntlich.
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Wollen Sie eine Restaurant- oder Hotelbar-Abrechnung bei der
Abreise mit Ihrer Gesamtrechnung begleichen, sollten Sie beim
Unterschreiben ein angemessenes Trinkgeld nicht vergessen.
Halten Sie sich dabei an die Restaurant-Faustregel: 5 bis 10
Prozent vom Rechnungsbetrag sind auch hier angemessen.
Hilft Ihnen jemand von den an der Rezeption Tätigen
beispielsweise, Konzert- oder Theaterkarten zu beschaffen, etwas
Besonderes zu organisieren wie eine Stadtrundfahrt, ein
Blumengeschenk oder ähnliches, sollten Sie sich für solche
Zusatzleistungen mit einem Trinkgeld erkenntlich zeigen. Je nach
Aufwand ist ein Betrag von 1 bis 3 Euro angemessen.
Bringt Ihnen jemand vom "Housekeeping" (in den internationalen
Hotels wird diese Bezeichnung fast durchgängig verwendet)
zusätzliche Decken oder Kissen, vergessene Kosmetikartikel, eine
Blumenvase oder ähnliches, ist ein Trinkgeld von etwa 1 Euro
angebracht.
Außerdem ist es üblich, bei der Abreise im Badezimmer oder auf
dem Nachttisch einen Dank-Obolus für das Zimmermädchen zu
hinterlassen.
Die bis vor wenigen Jahren fast ganz von der Bildfläche
verschwundene Toilettenfrau ist seit einiger Zeit wieder "im
Kommen" (heute allerdings auch oft in männlicher Gestalt). Das
gängigste Toiletten-Trinkgeld: 25 Cent. Auch Beträge von 10 bis
50 Cent sind möglich.
Grundsätzlich
gilt: Trinkgeld ist eine freiwillige Zahlung, mit der Gäste ihre
Zufriedenheit ausdrücken. Unangemessene Trinkgeldforderungen
sind also auch ruhigen Gewissens abzulehnen. Am besten, man
nimmt bereits kleine Scheine und Münzen der jeweiligen
Landeswährung mit in den Urlaub, so ist immer etwas „Tip"
griffbereit. Auf alle Fälle sollte man sich im Hotel oder bei
der Reiseleitung nach den landesüblichen
Trinkgeld-Gepflogenheiten erkundigen.
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