Das Residenzschloss
Dresden zählt zu den schönsten Renaissanceschlössern in
Deutschland und war als Sitz der Kurfürsten von Sachsen stets
auch kultureller Mittelpunkt. Heute zeigt es sich von außen im
Stil Neorenaissance, im großen Schlosshof mit seiner
Scrafitto-Malerei im Stile der Renaissance. Überragt wird es vom
Hausmannsturm, von dem man einen interessanten Überblick über
die Altstadt hat.
Schon im 7.
Jahrhundert verlief hier eine wichtige Handelsstrasse die
mittels einer Fähre oder Furt, einer seichten Stelle im Fluss,
die Elbe kreuzte. Der Taschenberg, kein Berg im eigentlichem
Sinne, nur eine kleine hochwassersichere Erhöhung am linken
Elbufer, war geeignet einen guten Platz für eine Burganlage zum
Schutz des Übergangs abzugeben. Der Bau erfolgte um 1200. Von
1471-1474 wurde die Anlage durch den Baumeister Arnold von
Westfalen zum Schloss ausgebaut. Nach der Teilung Sachsens unter
den Brüdern Ernst und Albert um 1485, wurde das Schloss die
Residenz der albertinischen Wettiner. Mitte des 16. Jahrhunderts
wurde es im Renaissance-Stil erweitert. Die schweren
Beschädigungen durch den Stadtbrand von 1701 werden unter August
dem Starken beseitigt. Um die Jahrhundertwende wird das eher
schmucklose Schloss und das Georgentor mit Elementen im Stile
der Neoreaissance verschönert. Im 2. Weltkrieg schwer zerstört,
wurde es seit 1987 wieder aufgebaut.
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Im
Westflügel befindet sich die Ausstellung "Das Grüne Gewölbe",
das Schmuckstück des Dresdner Residenzschlosses.
Das "Grüne
Gewölbe", die Schatzkammer der sächsischen Kurfürsten und
Könige, ist Europas älteste und reichste Pretiosen-Sammlung. Es
umfasst mehr als 3.000 wertvolle Zeugnisse des sächsischen und
europäischen Kunsthandwerks. Die überaus fantasievollen
Kunststücke aus Silber, Gold und Edelsteinen sowie Elfenbein,
Bernstein, Koralle, Bronze, Email, Holz, Glas und Eisen sind das
Werk bedeutender Goldschmiede-, Juwelier- und Emalierkünstler
Sachsens und zahlreicher Länder Europas. Auch Uhren,
Instrumente, Kabinettschränke, Kästchen, Reliefs, Fassungen und
Gefäße gehören zum Bestand. Kostbarkeit, Rarität und
handwerkliche Meisterhaftigkeit waren die Kriterien für die
Auswahl der Sammelstücke.
Der Wert der Sammlung lässt sich kaum in Zahlen ausdrücken.
Allein der Tischaufsatz "Hofstaat zu Delhi ..." von
Hofgoldschmied Dinglinger kostete einst mehr als der Rohbau des
mächtigen Jagdschlosses Moritzburg. Der nachweislich seit 1572
gebräuchliche Name "Grünes Gewölbe" kam auf, weil die Sammlung
einst in grün ausgemalten Gewölberäumen im Erdgeschoss des
Residenzschlosses aufbewahrt wurde. Die meisten Sammlungsstücke
der Pretiosen-Sammlung stammen aus der Zeit von etwa 1580 bis
1733. Nach dem Tod von August dem Starken (Kurfürst Friedrich
August I., zugleich König August II. von Polen; reg. 1694-1733)
ging dann das Interesse an Pretiosen weitgehend verloren, weil
sich der Repräsentationsstil inzwischen gewandelt hatte.
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Während im
Erdgeschoss die ersten Marmortürstöcke gesetzt wurden und die
Stukkateure an den Girlanden der Kreuzgewölbe des
kriegsbeschädigten "Grünen Gewölbes" schnitzten, um sich der
legendären Kunstkammer Augusts des Starken zu nähern, wurde im
Obergeschoss das "Neue Grüne Gewölbe" eingerichtet: ein
Hightech-Museum, das jeden, der Augen hat, kindliches Staunen
lehrt. Denn noch nie waren die Mirabilien so zum Greifen nah,
noch nie schien gedrechseltes Elfenbein so zart, loderten
Korallenzinken so feurig, wirkten in Birnbaumholz geschnitzte
Reitergefechte so plastisch und Preziosen so funkelnd. Das
Entdecken versteckter Mechanismen, minutiöser Darstellungen,
feinster Gravuren wird durch die entspiegelten, rahmenlosen
Vitrinen leicht gemacht.
Das "Grüne
Gewölbe" hat allerdings einen kleinen Schönheitsfehler, es gibt
zu wenig Ausstellungsfläche. So entstand aus Begeisterung für
die Wunderdinge der Renaissance und des Barock die Idee zu den
Parallelwelten: unten das Museum Augusts des Starken, nach
bestem Wissen und Gewissen in den Zustand von 1733 versetzt, ein
Großexponat der Museologie; und oben moderne Schatzkammerräume,
deren schiere Weite auf den bekannten Besucherandrang berechnet
ist. Mit 1200 Quadratmetern ist die Ausstellungsfläche schon
jetzt um die Hälfte größer als im Albertinum, wo die Schätze
seit 1972 ausgestellt waren. In der neuen Kunstkammer, deren
Decke mit Strahlern bewehrt ist wie eine Studiobühne, werden
etwa ein Drittel des Bestandes gezeigt: 1068 Objekte in 185
Vitrinen Wunderdinge des Sinnlichen, Meisterwerke der reinen
Anschauung, Kleinodien des Ergötzens.
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Es gibt viel zu
entdecken. Denn im Neuen Grünen Gewölbe sind all die Stücke der
älteren Kunst- und Wunderkammern ausgestellt, die August der
Starke nicht in sein spiegelndes Gesamtkunstwerk integriert hat.
Die prominenten Ausnahmen sind: das goldene Kaffeezeug von
Johann Melchior Dinglinger, ursprünglich im Juwelensaal
aufgestellt, sowie der ebenfalls vom genialen Hofjuwelier
gefertigte einzigartige "Thron des Großmoguls Aureng-Zeb" samt
Miniaturhofstaat sowie der zwei Meter hohe Apis-Altar. Alles
Schaustücke barocker Gelehrsamkeit und Materialbeherrschung,
deren kostbare Details im rekonstruierten Gesamtkunstwerk
untergehen würden. In der neuen Präsentation kann nun der
Besucher so nah an die Wunderwerke des Menschenmöglichen
herantreten wie der König selbst. Und er wird entdecken, dass
die Rückseiten auch Geschichten erzählen.
Das Neue Grüne
Gewölbe bietet einen historischen Überblick über die
Sammelinteressen der Kurfürsten, seit "Vater August" im
Dachgeschoss dieses Westflügels 1560 sieben Zimmer als
"Kunststuben" einrichten und Drechselbänke aufstellen ließ. Und
so nehmen im ersten Saal die schwellenden und schwindenden
Elfenbeingefäße der Künstler-Ingenieure Georg Wecker und Egidius
Lobenigk aus den Jahren 1588 und 1591 einen prominenten Platz
ein. Noch nie gezeigt wurde die geschraubt Säule mit verborgenem
Musik-Lauf und Uhrwerk, die jedem Revolutionsmonument die Schau
stielt: Unten laufen drei Pagen in den Ebenholzsockel des
Monuments, auf der Altane paukt und posaunt eine Kapelle und in
der Sputnikkugel sitzt eine fürstliche Tafelrunde, die von allen
Seiten fleißig bedient wird, während unter der Turmspitze ein
Miniaturputto die laufende Zeit auf dem Kugelring anzeigt. Die
Krönung dieses Automaten bildet ein winziger, filigraner
Polyeder. Wie schön kann Technik sein. Während man durch die
Öffnungen der Elfenbeinkugel späht, ist die Phantasie damit
beschäftigt, sich die Bewegung der Figuren und das stündlich
erklingende Orgelwerk auszumalen. Ein fast barockes Vergnügen,
auch wenn die Dinge stumm und leblos bleiben. Das Auge kann in
jede Windung der Mechanik kriechen.
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Staunenswert und
neu ist auch die Kugellaufuhr von Hans Schlottheim: ein
silberner, achteckiger Turm zu Babel mit internem Aufzug. Jede
Minute spuckte die Groteskmaske am Kranzgesims des Turms eine
kleine Bergkristallkugel aus, die auf einer Umlaufbahn mit 16
Windungen hinablief, während im Inneren des Turms wieder eine
Kugel nach oben gehoben wurde. Jedesmal wenn die Kugel ins
Rollen kam, schlug Zeitgott Saturn mit einem Hämmerchen auf ein
Glöckchen: Memento mori im 60-Sekunden-Takt.
Geradezu ideal
ist die Präsentation im Mikrokabinett, das im polygonalen
Südwestturm eingebaut wurde. Der Blick auf den Zwinger ist mit
einem grautransparenten Blendschutz verhängt, aber die Stadt
wirkt von allen Seiten mit ihren Monumenten in die Museumsräume
hinein. Hier ist nun der berühmte Kirschkern mit den 185
hineingeschnitzten Köpfen hinter einer Lupe exponiert.
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Auch wenn die
Leuchten-Stalaktiten an der Decke in einigen Räumen stören sie
geben den Dingen das Licht, das sie brauchen. Auch wenn die
metallischen Zwischenwände etwas zu modernistisch wirken sie
reflektieren das Tageslicht der Fensterachse und geben dem Raum
barocke Weite. Diese Schatzkammer überzeugt durch die
Konzentration auf die verführerischen Exponate, die einen das
Staunen lehren, auch wenn sie nicht aus Gold und Elfenbein sind.
Im Raum der reisenden Preziosen werden die Lederetuis einiger
Kunstwerke gezeigt: bizarre Hüllen, die Rätsel aufgeben und
dadurch die Phantasie beschäftigen. Manchmal ist eine Schatulle
geöffnet, und manchmal steckt im dicken Futteral die Preziose,
für die es maßgeschneidert wurde. Dann erscheint das
Verpackungskunstwerk nicht weniger bewunderungswürdig als sein
Inhalt.
Weitere Informationen:
Residenzschloss Dresden
Taschenberg 2
Eingang Sophienstraße
01006 Dresden
Tel: 0351 - 4914619
Fax: 0351 - 4914616
täglich 10-18 Uhr
Dienstags geschlossen
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