Eine der ältesten und bedeutendsten Burgen Deutschlands steht
auf einem Berg mitten im Thüringer Wald.
Die
Wartburg - nahe dem thüringischen Eisenach - nimmt in der
deutschen Burgenlandschaft eine ganz eigene Stellung ein.
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Nur noch
zweitrangig erscheinen heute wehrtechnische und machtpolitische
Aspekte, die zu ihrer Gründung um 1067 bewogen. Burgentypisches
Festungswerk tritt hinter repräsentativer Architektur zurück,
lokalgeschichtliche Daten verblassen neben den Höhepunkten
deutscher Kultur, deren Schauplatz die Wartburg war.
Der landgräfliche
Hauptsitz galt einst als Zentrum hochmittelalterlichen Dichtens
und Minnesangs und wurde zum Wohn- und Wirkungsort der heiligen
Elisabeth. Noch als halbes Kind wurde die Prinzessin mit Ludwig
IV. verheiratet, der freilich wenig mit seiner tief religiösen
Gemahlin anzufangen wusste. Elisabeth begann sich um die Armen
der Umgebung zu kümmern und ließ sich auch von ihrem
gewalttätigen Ehemann nicht davon abbringen. Mit 21 zog sie sich
in eine winzige Zelle zurück, wo sie drei Jahre später starb.
Nur vier Jahre nach ihrem frühen Tod wurde sie von Papst Gregor
IX. heiliggesprochen.
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Zu Beginn des 16.
Jahrhunderts war die Wartburg schon ziemlich verfallen, als sie
ihrem wohl prominentesten Bewohner Schutz vor Verfolgung zu
bieten hatte. Am 31. Oktober 1517 nagelte der Augustinermönch
Martin Luther 95 Thesen an die Pforte der Kathedrale von
Wittenberg. Das Echo war bekanntlich gewaltig, Luther wurde
exkommuniziert und hatte das Schlimmste zu befürchten. Seine
Gönner versteckten ihn in der Wartburg, wo Martin Luther als
Junker Jörg nahezu ein Jahr zubrachte. Hier übersetzte er die
Bibel, die später dank Gutenberg gedruckt und in ganz Europa
verbreitet wurde. Mit Luthers Übersetzung fanden auch die vielen
deutschen Königreiche, Fürstentümer und Grafschaften eine
gemeinsame Sprache, was später von Johann Wolfgang von Goethe
gewürdigt wurde: "Durch Luther wurden die Deutschen eine
Nation," sprach der Geheimrat, als er 1777 die Wartburg
besuchte, um auf Luthers Spuren zu wandeln.
Die Lutherstube -
authentischer Wohn- und Arbeitsraum des Reformators vom Mai 1521
bis zum März des Folgejahres und seit Jahrhunderten Ziel
unzähliger Pilger - darf als die Geburtsstätte der Lutherbibel
gelten.
Mit einer großartigen
Sammlung reformatorischer Flugschriften, einer von Luther
handschriftlich kommentierten Bibel, verschiedenen Gegenständen
aus seinem Besitz und dem - neben vielen Bildnissen Luthers und
seiner Zeitgenossen - einmaligen Cranach-Porträts der aus dem
Eisenacher Land stammenden Eltern Luthers - halten die Wartburg
und ihr Museum die Erinnerung an ihren einstigen, weltberühmten
Bewohner aufrecht.
300 Jahre nach dem Beginn der
Reformation und vier Jahre nach der Leipziger Völkerschlacht
schrieben Studenten ein Kapitel Wartburg-Geschichte. Sie
versammelten sich beim Wartburgfest von 1817 und setzten sich
für eine nationalstaatliche Einigung der deutschen Bundesstaaten
ein. Nun gewann die Wartburg erst recht Bedeutung als nationales
Symbol. Nicht selten wurde dabei künftig die Wartburg auch von
reaktionärer Deutschtümelei vereinnahmt.
Der aus dem 12. Jahrhundert
erhaltene Palas - eine seltene Kostbarkeit spätromanischer
Baukunst - führt zurück in die Zeit der Thüringer Landgrafen,
der "Ludowinger". Besonders unter Hermann I. erblühte die
Wartburg zum weitgerühmten Musenhof, in dem alle schönen Künste
gepflegt wurden, die Lieder Walthers von der Vogelweide
erklangen und Dichtungen Wolframs von Eschenbach entstanden.
Die darauf bezogene Sage vom Sängerkrieg auf der Wartburg
erlangte durch Richard Wagners "Tannhäuser" Weltruhm.
In der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts erfuhr die ruinös gewordene Wartburg unter dem
Weimarer Großherzog Carl Alexander eine umfassende Erneuerung
und dekorative Ausgestaltung. Der Idee an ein Denkmal von
nationaler Bedeutung folgend, wurde die mittelalterliche
Bausubstanz restauriert und durch historisierende Neubauten
ergänzt.
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Repräsentativstes Beispiel
historischer Kunstauffassung ist der Palasfestsaal, in dem im
Sommerhalbjahr auch Konzerte zu hören sind. Nicht weniger
imposant sind die Fresken des spätromantischen Malers Moritz von
Schwind, der unter anderem den Sängerkrieg und die Elisabethvita
in Szene setzte.
Wie vor bald 200 Jahren von Johann Wolfgang von Goethe
empfohlen, beherbergt das Wartburgmuseum heute eine breite
Sammlung von Kunstschätzen aus acht Jahrhunderten. Wertvolle
Bildteppiche, Plastiken Tilman Riemschneiders, weltberühmte
Werke von der Hand Lucas Cranachs d. Ä., der sogenannte
Dürerschrank aus der Zeit um 1520 - ein einzigartiges Möbel mit
reicher Reliefschnitzerei nach Vorlagen des Malers,
kunsthandwerkliche Zeugnisse der Renaissance und
qualitätsvollstes Mobiliar des Historismus wechseln mit
interessanten Hinweisen auf geistesgeschichtliche Höhepunkte
deutscher Vergangenheit.
Weitere
Informationen:
Wartburg-Stiftung, Auf der Wartburg
99817 Eisenach
Telefon: 0 36 91/25 00
Fax: 0 36 91/20 33 42
info@wartburg-eisenach.de
www.wartburg-eisenach.de
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